CD Zwischenzeit
März 2006 | accent music | 20 € | CD
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Die Faszination der Gitarre rührt von ihrer musikalischen Erdung
in Volks- und Kunstmusik zugleich her. Die Natur des Instruments
ermöglicht Facetten, die von einfacher Liedbegleitung bis hin zu
anspruchsvoller polyphoner Musik reichen, Gegensätze, die sich
in der Gitarrenmusik durchdringen und im Klang der Gitarre, dem
eigentlichem Quell ihrer Faszination, miteinander versöhnt
werden.
Der Reichtum an Klangfarben prädestiniert sie als modernes
Instrument. Wie in einem Brennglas bündelt sich die wechselvolle
Geschichte der Gitarre und ihrer Musik in den Kompositionen der
CD ZWISCHENZEIT.
Zwischen 1930 und 1940, einer Zeit größter Verwerfungen in
Europa, entstanden einige Werke für Gitarre, die nicht nur eine
abenteuerliche Rezeptionsgeschichte miteinander verbindet.
Einerseits nahmen sie im Schaffen dieser Komponisten einen
besonderen Platz ein, andererseits wurden in ihnen konsequent
gitarrentypische Klischees und Romantizismen vermieden, was
teilweise dazu führte, dass der Gehalt verkannt und der
besondere Wert dieser Werke erst Jahrzehnte später erkannt
wurde. Oftmals unter schwierigen existenziellen Bedingungen
geschaffen, wirkt die Musik der ZWISCHENZEIT im Gegensatz von
formal historisierender Absicherung und zeitgenössischer
Klangsprache, noch nicht in die Moderne gekommen (
Auszug
aus
einem Interview des DLF, Atelier neuer Musik mit Stephan
Stiens vom 20. August 2005: ♫ 3:28).
Wie in einem Prolog zum gewaltigen Triptychon des Ignace
Strasfogel und zur gesamten CD, wirken die sich langsam
steigernden, kurzen Variationen der Passacaglia von Franz
Burkhart (
♫
1:40).
Als junger Komponist wurde Ignace Strasfogel mit dem
Mendelssohn-Preis ausgezeichnet, musste aber Deutschland
verlassen und emigrierte nach New York und kehrte erst in den
70er Jahren nach Europa zurück. Vom Widmungsträger abgelehnt,
blieb Prélude, Elegie und Rondo 50 Jahre unaufgeführt, und
erlebte seine Uraufführung erst im Jahr 1991. Im Mittelpunkt
steht die von Strasfogel selbst als "romantisch"
charakterisierte Elegie mit ihrer durch großes Formgefühl
gebändigten, tiefen Emotion (
♫
0:59).
Angelehnt an barocke Form und im freien Umgang mit der
Dodekaphonie, schuf der Schweizer Frank Martin mit seinen Quatra
Pieces Breves, Charakterstücke von zeitloser Schönheit, die
ihren Weg in das Repertoire längst gefunden haben (
♫
1:04).
Die herb-strenge, dafür einfühlsame Musik der Sonate für Laute
von Johann Nepomuk David, ist lang vor der
Originalklang-Euphorie der zweiten Jahrhunderthälfte, klingender
Beleg für die Lebendigkeit dieses Instruments, und bedingt durch
die polyphone Satzart, von höchstem spieltechnischen Anspruch (
♫
1:08).
Drei Jahre vor seinem gewaltsamen Tod im spanischen Bürgerkrieg
1933 vollendete Antonio José seine meisterhafte Sonate für
Gitarre, die erst ein halbes Jahrhundert später entdeckt und
uraufgeführt wurde, deren Wert für das Repertoire, dann aber
sogleich erkannt wurde. Im Sinne der Durchdringung von
Gegensätzen – spanische Melodik und Instrumentalbehandlung,
sowie die Klangsensibilität des Ravelschen Impressionismus – ist
die Sonate ein Höhepunkt der Gitarrenmusik der ersten
Jahrhunderthälfte (♫
1:56,
1:18).
Gleich einem großen Versprechen an die Gitarre, und ihre Zukunft
beschließt die Homenaje von Manuel de Falla, eine musikalische
Verbeugung vor dem Grabmal von Claude Debussy, wie ein Epilog
die CD.